Anlässlich seines 50-jährigen Jubiläums gab das Württembergische Zupforchester (WZO) unter der musikalischen Leitung des professionellen Mandolinisten Frank Scheuerle, am Samstag, 15. Juli 2023 um 19:30 Uhr ein Konzert in der Stadthalle in Plochingen.
Welch ein glücklicher Umstand, dass das ‚Jahr der Mandoline‘ und dieses Jubiläum mit dem ‚Instrument des Jahres 2023‘ im Mittelpunkt zusammentrafen.
Nach dem Grußwort und der Gratulation zum 50-jährigen Jubiläum durch Dr. Petra Schneidewind, der Vizepräsidentin des BDZ Baden-Württemberg, wurde das Konzert mit der Chaconne „Two in One upon a Ground“ von Henry Purcell in einer Bearbeitung von Frank Scheuerle eröffnet. Die beiden Melodiestimmen interagierten dabei im Kanon über einer immer wieder wiederholten sechstaktigen grundierenden Basslinie.
Nach diesem festlichen Auftakt folgte das Grußwort von Frank Buß, dem Bürgermeister der Stadt Plochingen. Auch er gratulierte dem Orchester zum 50. Geburtstag und zeigte sich bereits nach den ersten Stück sehr angetan vom Orchesterklang und dessen filigraner musikalischen Gestaltung.
Die Moderation während des Konzerts mit Informationen zu den aufgeführten Stücken übernahm Karin Schlayer. Der künstlerische Austausch und die regelmäßige Zusammenarbeit mit verschiedenen Solisten war und ist ein wichtiger Baustein für die musikalische Arbeit und Entwicklung des WZO.
So waren auch in diesem Konzert zwei Oboenkonzerte zentrale Bausteine und es folgte nun das „Concerto op. 7/6“ für Oboe und Zupforchester in einer Bearbeitung von Thomas Bronkowski. Solistin war die Oboistin Sylvia Drömer-Berndorfer. Sie studierte Oboe in Rotterdam und Mannheim und besuchte Meisterkurse in Frankreich und Spanien.
Mit der von barocken Vorbildern inspirierten „Lautenschläger-Suite“ von Walter Kretschmar folgte ein qualitativ hochwertiges 5‑sätziges Originalwerk für Zupforchester.
Den Abschluss des ersten Konzertteils bildete das vertrackte wie vitale „Von fünf und drei bis vier“ des schwedischen Komponisten Olof Näslund, das seinen Namen dem häufigen Wechsel zwischen 5‑Viertel, 3‑Achtel und 4‑Viertel-Takten verdankt, was dem effektvollen Stück einen ganz eigenen ‚Drive‘ verleiht. Spieler und Zuhörer hatten offensichtlich viel Spaß an diesem schwungvollen Stück und es folgte eine kleine Pause, bei der sich alle von der großen Hitze mit einer kleinen Erfrischung etwas abkühlen konnten.
Viele Erinnerungen und Anekdoten wurden bei der Fotoausstellung ausgetauscht, die Helmut Aichele als Rückblick mit den Highlights der vergangenen 50 Jahre zusammengestellt hatte.
Die ebenfalls von Helmut Aichele aufwändig und mit Liebe bis ins kleinste Detail erstellte umfangreiche Festschrift ließ weitere Erinnerungen wach werden.
Auch der zweite Konzertteil wurde mit einem polyphonen Werk Alter Musik aus England eröffnet – mit dem sehr bekannten „Lachrimae Antiquae“ des berühmtesten englischen Lautenisten seiner Zeit, John Dowland. Dieser Bearbeitung von Frank Scheuerle liegt die Fassung für Gambenconsort zugrunde.
Konrad Wölki war ein wichtiger Wegbereiter für die Rückbesinnung auf die historischen Wurzeln der am Anfang des 20. Jahrhunderts oft falsch eingeschätzten Mandoline. Das nun folgende 1979 entstandene „Concertino d‑Moll“ für Oboe und Zupforchester vereint persönlichen Ausdruck mit einem Formempfinden, das er an barocken Mustern erfahren hat. Dieses Meisterwerk der zeitgenössischen Zupfmusik wurde mit der Charakteristik der Oboe mit ihrem warmen verhaltenen Ton ‑wieder mit der Solistin Sylvia Drömer-Berndorfer- zu einem besonderen ‚Leckerbissen‘ für die Zuhörer.
Maßgeblich für die Orchesterentwicklung sind und waren natürlich die musikalischen Leiter, die das Orchester mit einigen Reminiszenzen an dieser Stelle ehren und ihnen danken wollte. Im Folgenden wurde also als Hommage an die früheren langjährigen Dirigenten eine Art kleine 3‑sätzige Suite zum Vortrag gebracht, zusammengestellt aus Werken, welche für sie wichtig waren.
Arnold Sesterheim war selbst kein Komponist. Er erweiterte das Repertoire des WZO aber mit großer Fachkenntnis beträchtlich. Eines seiner Lieblingsstücke war das „Divertimento“ des bulgarischen Pianisten und Komponisten Ivan Shekov, aus dem der ersten Satz ausgewählt wurde.
Daran schloss sich der zweite Satz aus dem nach wie vor in Zupferkreisen sehr beliebten „Divertimento Nr. 2“ von Wolfgang Bast an, das dieser bereits im Alter von 19 Jahren komponiert hat. Leider konnte Wolfgang Bast nicht persönlich beim Konzert zugegen sein, an ihn gingen die besten Wünsche und ein großer Dank vom Orchester für all seine Verdienste rund um das WZO und darüber hinaus.
Abschließend folgt die erste der sieben, stilistisch sehr vielfältigen „Studien“ von Fred Witt, der dem WZO ab 1973 als erster offizieller Dirigent wertvolle Impulse gegeben hat.
Im Anschluss daran folgte die Urkundenverleihung an die erfolgreichen Absolventen des Ausbilderlehrgangs 20022/23. Laudatio und Urkundenübergabe übernahm der Vizepräsident des BDZ Baden-Württemberg, Dr. Alexander Becker.
Zum Abschluss des Konzerts wurde die entzückende Träumerei „Après un rêve“ von Gabriel Fauré aufgeführt. 1878 vertonte der Komponist eine anonyme italienische Madrigaldichtung, die das Erwachen nach einem tiefen Schlaf und verliebten Träumen schildert. Dieses wohl populärste Lied von Fauré war in einer Bearbeitung für Zupforchester von Kunisaku Sakai zu hören und versetzte die Zuhörer in Erinnerung an schöne Träume.
Katrin Boegler bedankte sich bei allen Anwesenden für ihren Beitrag zu diesem rundum gelungenen Jubiläum. Wie an Faurés Träume werden alle auch schöne Erinnerungen an diesen wunderbar gelungen Festakt weiter in sich tragen.
Als persönliches Dankeschön an dieses 50-jährige Jubiläum bekam jeder Mitwirkende einen personalisierten Anhänger mit Violinschlüssel und Jubiläumsaufdruck.
Nach dem Dank an die Solistin und den musikalischen Leiter bekamen die Gäste natürlich noch die gewünschte Zugabe: es folgte „Tatry“ – der finale Satz aus dem Stück „Summertrip“ von Jürgen Klose, das 1991 Preisträgerwerk des Konrad-Wölki-Komponisten-Wettbewerbs wurde.
Das Konzert war ein voller Erfolg, was sicherlich auch dem souveränen Dirigat und der exzellenten Vorbereitung durch Frank Scheuerle zu verdanken ist. Es gab begeisterte Rückmeldungen.
Das WZO fühlte sich sehr willkommen und unterstützt von der Stadt Plochingen. Viele Weggefährten des Orchesters waren gekommen und die großartige Akustik der Stadthalle trug ebenfalls dazu bei, dass sich alle sehr wohl fühlten, auch wenn es durch die große Hitze zu einer ‚schweißtreibenden‘ Angelegenheit wurde.
Für die Spielerinnen und Spieler war die räumliche Nähe von Unterkunft und Probenort (Musikzentrum BW in Plochingen) und Konzertort sehr angenehm.
Dieses Jubiläumswochenende war eine rundum gelungene Arbeitsphase mit einem Konzert, das allen in bester Erinnerung bleiben wird.
Karin Schlayer