25. JUNI „3–2‑1“ FESTKONZERT

25. JUNI „3–2‑1“ FESTKONZERT

25. JUNI „3–2‑1“ FESTKONZERT 

Gleich drei Orchester, die den Namen „Mando­li­na­ta“ im Vereins­na­men tragen, präsen­tier­ten sich im Festkon­zert. Wie sich die Bezeich­nung „Mando­li­na­ta“ für Zupfor­ches­ter seit Gründung der ersten „Mando­li­na­ta“ in Köln zu Beginn des 20. Jahrhun­derts entwi­ckel­te, das beschrieb anschau­lich Dr. Alexander Becker, der mit seinen kennt­nis­rei­chen Kommen­ta­ren zu Musik und den Orches­tern an diesem Abend auch durch das Programm führte. 

Den Auftakt gestal­te­te die Mando­li­na­ta Karlsruhe unter der Leitung von Chris­to­pher Grafschmidt. Die tragende und nuancen­rei­che Stimme der Sängerin Kim Gadewoltz ergänzte vorzüg­lich den fein abgestimm­ten Klang des Orches­ters bei ihrer Darbie­tung der schwel­ge­ri­schen Lieder und Tänze aus Franz Lehárs Operette „Die lustige Witwe“. Dazu im Kontrast die beiden nächsten Stücke, „Kniekni­cker“ und „Vegeta­ri­er-Tango“ von Chris­to­pher Grafschmidt — geprägt von südame­ri­ka­ni­schen Rhythmen. Die perfekte Einstu­die­rung der verschie­de­nen Instru­men­ten­grup­pen wurde in den sehr sauber gesetzten Akzenten bei den wechseln­den Offbeat-Passagen und der dabei immer klaren Stimm­füh­rung spürbar. Auch der Gesangs­part im Veggi-Tango war jetzt präten­tiö­ser, heraus­for­dern­der als noch zuvor in den Operet­ten­lie­dern. Stilis­tisch greift Grafschmidt hier auf die Schla­ger­mu­sik der frühen 1920er Jahre — und damit auch auf die Gründungs­zeit der beiden anderen „Mando­li­na­ten“ im weiteren Konzert — zurück. Nach einem mit vielen Rasgue­a­dos aufge­frisch­ten „El Negrito“ des Venezo­la­ners Antonio Lauro in einer Bearbei­tung für Zupfor­ches­ter zeigte die Sopra­nis­tin Kim Gadewoltz im Lied „Muerte de un amigo“ von Grafschmidt, dass sie auch das lyrische Fach beherrscht. Der Song bezieht sich auf den verstor­be­nen Organi­sa­tor und Förderer des Zupfor­ches­ter-Festivals von Logroño (Spanien). Die getragene und sehr ausdrucks­star­ke Kantilene der Sängerin wird dabei auch von einzelnen solis­ti­schen Einwürfen der Gitarren melodisch umrahmt. In der „Chaconne“ von Hermann Ambrosius als Abschluss ihres Auftritts zeigte die Mando­li­na­ta Karlsruhe noch einmal ihre besondere Klasse in den fein heraus­ge­ar­bei­te­ten Stimmen­ein­sät­zen und ihrer großen dynami­schen Breite. 

Die 2020 ebenfalls ihr 100-jähriges Bestehen feiernde Mando­li­na­ta Haguenau präsen­tier­te sich gleich zu Beginn mit einer musik­his­to­risch inter­es­san­ten Wieder­ent­de­ckung des Barock­kom­po­nis­ten Valentin Roeser. Die drei Sätze seiner Sonata „à trois“ bieten sehr eingän­gi­ge und vielschich­ti­ge Musik, die vom Orchester souverän und farbig diffe­ren­ziert ausge­stal­tet wurde. So überzeug­ten besonders die vielge­stal­ti­gen und sehr präzisen Wechsel zum Pizzicato-Klang im abschlie­ßen­den Allegret­to. Die besondere Origi­na­li­tät von Roesers Musik ist es wert, wieder einen festen Platz im aktuellen Reper­toire Alter Musik zu erhalten. Leider sind von diesem Kompo­nis­ten nicht mehr viele histo­ri­sche Spuren erhalten. Mit einem coolen Groove, der sich bereits im eröff­nen­den Pizzicato- Intro abbildet, begann das zweite Werk, das das Ensemble an diesem Abend spielte. Es war die Kompo­si­ti­on „Mtarija“ für Zupfor­ches­ter des 1975 geborenen Kompo­nis­ten Chris­to­pher Acqua­vel­la. Die teilweise rhyth­misch sehr vertrack­ten Wechsel zwischen verschie­de­nen komplexen Metren setzten die Musiker*innen souverän um. Auch das klanglich farbige Arran­ge­ment, das durch stete Wechsel in den melodie­füh­ren­den Instru­men­ten­grup­pen die Musik sehr kurzwei­lig gestaltet, kam durch die Inter­pre­ta­ti­on der Mando­li­na­ta Haguenau unter dem Dirigat von Jean-Claude Lux gut zur Geltung. 

Auch die gastge­ben­de Mando­li­na­ta Mannheim zeigte unter ihrem aktuellen Leiter Nikolaos Connor eine großar­ti­ge klang­li­che wie stilis­ti­sche Breite. Die graziösen Melodie­bö­gen und fein gearbei­te­ten dynami­schen Nuancen in den beiden langsamen Mittel­sät­zen der „Sinfonia in C‑Dur“ des Rokoko- Kompo­nis­ten Giovanni Battista Sammar­ti­ni arbeitete das Orchester mit viel Liebe zum Detail geradezu graziös heraus. Auch das abwechs­lungs­rei­che Allegro besticht in der Inter­pre­ta­ti­on der Mando­li­na­ta Mannheim in den stets neu anset­zen­den Crescendo-Passagen, die sich über viele Takte hinweg in packender Weise steigern. Hier erinnert das Sammar­ti­ni-Werk an die zeitgleich entstan­de­ne Kompo­si­ti­ons­art der „Mannhei­mer Rakete“, die von der Mando­li­na­ta natürlich souverän ausge­stal­tet wird. Ein fast schon etablier­tes Werk der Neuen Musik für Zupfor­ches­ter ist die programm­u­si­ka­li­sche Kompo­si­ti­on „Sadoc“ des Mando­li­nis­ten und Kompo­nis­ten Juan Carlos Munoz, der Mandoline und Kammer­mu­sik am Konser­va­to­ri­um von Esch-sur-Alzette (Luxemburg) und an der Hochschu­le für Musik Saar unter­rich­tet. Den ersten Satz spielte die Mando­li­na­ta sehr farben­reich und exakt in der Ausfüh­rung der verschie­de­nen spiel­tech­ni­schen Effekte, wodurch eine überzeu­gen­de Inter­pre­ta­ti­on gelang. Der stets durch­sich­ti­ge, klare Orches­ter­klang hielt auch in den folgenden Sätzen die großen Spannungs­bö­gen in der Musik, die häufig von den tiefsten Bassrhyth­men hinauf zu den fast schrill anmuten­den Mando­li­nen­tre­mo­li in höchster Lage reichen. Im zweiten Satz überzeug­te besonders die weiche Solokan­ti­le­ne der Gitarre, die von den leisen Mando­li­nen­stim­men orches­tral fast übergangs­los weiter­ge­führt wurde. Allein schon dieser spannende Klang­cha­rak­ter entführte das Publikum gekonnt in die Welt der alten Stadt, die in diesem Satz musika­lisch beschrie­ben wird. Der Schluss­satz lebt dagegen vom atmosphä­ri­schen Wechsel­bad zwischen lyrischen und ausge­spro­chen drama­ti­schen Passagen, das sowohl spiel­tech­nisch souverän wie dynamisch brillant vom Orchester und Dirigen­ten darge­bo­ten wurde. 

Das Publikum bedankte sich bei allen drei „Mando­li­na­ten“ mit langan­hal­ten­dem Applaus für die grandio­sen Darbie­tun­gen. Als Schluss­punkt des Konzert­abends erschie­nen die Musiker*innen aller drei Orchester zu einem gemein­sa­men Finale. Hier erklang das Medley-artige Stück „Mando­li­na­ta“ von Chris­to­pher Grafschmidt, das mit stets neuen melodi­schen wie harmo­ni­schen Ideen überrascht. Hier kam das gesamte Spektrum des großen Zupfor­ches­ters zur vollen Entfal­tung. Nikolaos Connor verei­nig­te mit seiner klaren und kennt­nis­rei­chen Einstu­die­rung die drei „Mando­li­na­ten“ zu einem ausge­wo­ge­nen und musika­lisch mitrei­ßen­den Klangkörper. 

Dr. Petra Weiss und Dr. Peter Schmitz

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