Caterina Lichten­berg — Solo CD

UND DIE VÖGEL ZWITSCHERTEN MIT — POESIE AUF DER MANDOLINE; Die Jahrhun­dert-Solo CD der Caterina Lichtenberg

© Claudia Kempf UND DIE VÖGEL ZWITSCHERTEN MIT — POESIE AUF DER MANDOLINE Die Jahrhun­dert-Solo CD der Caterina Lichten­berg Für den Opus Klassik 2021 nominiert
Das Gespräch mit Caterina Lichten­berg im Sommer 2021 über ihre CD: CATERINA LICHTENBERG „SOLO“ möchte ich in der Form der Ich-Erzählung aus der Sicht Caterinas weiter­ge­ben. Es bekommt dadurch eine vergleich­ba­re Poesie wie die CD selbst. Gleich­zei­tig dürfen wir damit in die Denkwerk­statt einer enthu­si­as­ti­schen Mando­li­nis­tin schauen, und erleben, welche Gedanken sie bei dem Schaffen ihrer Solo CD bewegten.
Thilo Fitzner
 
Wenn man sich der CD von außen nähert, dann fallen die Fotos der Fotogra­fin Claudia Kempf www.claudiakempf.com  ins Auge.
Claudia und ich haben uns über unsere Kinder kennen­ge­lernt. Claudia, die u.a. auch Angela Merkel und andere Promi­nen­te fotogra­fier­te, nahm mir die Angst vor der Kamera, indem sie eine Atmosphä­re der Entspan­nung schuf. Claudia ist genial und hat Tiefsinn und viel Humor. Sie versucht sehr persön­li­che und auch etwas verrückte Bilder zu schaffen und dementspre­chend sind auch die Fotos auf der CD…
Die CD entstand in der Corona-Zeit. Wir waren im Frühjahr 2020 in den USA und konnten nicht mehr zurück nach Deutsch­land, da alle Flüge storniert wurden. Die Gegend von San Francisco ist nicht der schlech­tes­te Ort um „einge­schlos­sen“ zu sein und so waren wir sozusagen im Paradies.
Alle Konzerte und Engage­ments waren abgesagt worden und so hatte ich plötzlich ganz viel Ruhe zum Üben. Mein Mann und ich hatten Zeit für uns und nach so vielen Jahren des Reisens und Konzer­tie­rens plötzlich freie Kapazi­tä­ten zu unseren Wurzeln zurückfinden.
Trotz der Covid-Angst hatten wir in diesen vier Monaten eine glück­li­che Zeit als Familie. Alle konnten sich entfalten und auch die Kinder beschäf­tig­ten sich viel mit sich selbst und — da wir keinen Fernseher besitzen — erfanden sie eigene Spiele und Spielzeug aus Stöcken und Gräsern der umlie­gen­den Landschaft. Wir wohnen am Wald und ich habe dadurch viel draußen geübt und die Vögel haben mitge­zwit­schert. © Claudia Kempf
Aus meinem Solore­per­toire suchte ich meine Lieblings­stü­cke aus und entschloss mich, diese Stücke im Studio aufnehmen. Ursprüng­lich waren die Aufnahmen nur für mich gedacht, um einmal zu hören, wie das so klingt wenn ich Solo spiele, sozusagen „von außen“.
Das Ergebnis der Aufnahmen fiel recht erfreu­lich aus und so redeten Mike, mein Mann sowie der Tonin­ge­nieur Dave Luke mir zu, die CD zu veröffentlichen.
Ich war während der Vorbe­rei­tung für die Aufnahme — wie bereits erwähnt — Corona-bedingt viel mit mir und eins mit der Natur, da ich im Freien üben konnte. Wir sind ja alle auch ein Teil der Natur. Das Eins-Sein, also der Einklang mit sich und der Natur —  sozusagen das Göttliche — schwingen daher gewis­ser­ma­ßen mit. So hat die CD mögli­cher­wei­se eine besondere Nuance bekommen. Etwas, was vielleicht in Wuppertal so nie hätte entstehen können. © Thilo Fitzner
Ich habe die CD in einein­halb Tagen aufge­nom­men, fast wie in einem Live-Konzert. Darauf bin ich ein bisschen stolz. Es ging so einfach von der Hand und ich war durch das viele Üben fit und hatte außerdem sehr große Lust zum Spielen.
Die Werke auf der CD umfassen unter­schied­li­che Länder und Epochen.
Ganz bewusst habe ich GEORG PHILIPP TELEMANN an den Anfang gestellt. Er wurde in Magdeburg geboren, der Stadt in der ich aufge­wach­sen bin und symbo­li­siert somit den Anfang meines musika­li­schen Werdegangs.
Der erste Satz der Telemann-Fantasie Nr. 1 ist so zauber­haft. Er ist wie eine Tür, die man öffnet und durch die man langsam in die unter­schied­li­chen Räume (Sätze der Fantasie) hindurchgeht.
Neben der Alten Musik liebe ich auch sehr die Romantik. Daher musste ein Werk von RAFFAELE CALACE auf die CD. Calace war äußerst vielsei­tig. Er kompo­nier­te und baute auch wunder­ba­re Instru­men­te. Er war ein fantas­ti­scher Mando­li­nist, hat Kompo­si­ti­on studiert und damit das Handwerk gelernt und war dazu genial an Ideen. Er hat ausge­spro­chen orches­tral gedacht und seine Musik ist äußerst emotional. Die Oper ist Inspi­ra­ti­ons­quel­le für ihn und ich höre in den Preludes verschie­de­ne Instru­men­te, die er sich mögli­cher­wei­se vorstell­te und versuche, sie der Mandoline zu entlocken.
CARL FRIEDRICH ABEL habe ich während des Studiums kennen­ge­lernt. Das Werk auf der CD ist original für Viola da Gamba. Die Gambe ist ähnlich wie eine Barock­man­do­li­ne gestimmt, deshalb eignet sich dieses Stück sehr gut für die Barock­man­do­li­ne. Es gibt für dieses Werk keine Satzbe­zeich­nung, aber es ist ein sehr tiefsin­ni­ges Werk, geradezu melan­cho­lisch, darum habe ich mir erlaubt, es „Fantasia“ zu nennen.
FILIPPO SAULI war Theor­ben­spie­ler in Wien. Ich spielte aus der Ausgabe von Ugo Orlandi, welcher eine Fassung für Barock­man­do­li­ne und eine für Neapo­li­ta­ni­sche Mandoline verfasst hat. Auf der CD habe ich die Suite auf einer Alto-Barock­man­do­li­ne einge­spielt, da diese m.E. sehr gut den Charakter des Stückes widerspiegelt.
LEONE ist der wichtigs­te Vertreter der Klassi­schen Mandoline und das Air Nr. 4 gehört zu meinen Lieblings­stü­cken. Daher ist auch dieses Stück auf der CD zu finden.
Auch mit der Neuen Musik beschäf­ti­ge ich mich sehr gern und so ist als letztes Werk der CD das Perpetual Movement von YASUO KUWAHARA zu hören. Kuwahara durfte ich als junge Studentin auf seinem Festival in Japan kennen­ler­nen. Er war ein sehr inter­es­san­ter Mensch und es war mir ein starkes Bedürfnis, eines seiner Werke auf dieser CD einzu­spie­len. Er wollte insgesamt zehn Werke für Mandoline Solo schreiben, war aber auf Grund seiner schweren Erkran­kung nur zu sechs Solower­ken gekommen. Ich spüre in seinen Solower­ken die Begegnung mit dem Tod, mit der Endlich­keit. Zu wissen, dass man nicht mehr viel Zeit hat und dennoch so kreativ zu sein, ist eine enorme seelische Leistung. © Thilo Fitzner
Auf ein weiteres Konstruk­ti­ons­prin­zip der CD möchte ich hinweisen. Ich stelle verschie­de­ne Mando­li­nen vor, alle die ich in meiner vier-monatigen USA Zeit zur Verfügung hatte: Neapo­li­ta­ni­sche Mandoline, Barock­man­do­li­ne (Sopran­lau­te), Alto-Barock-Mandoline (Altlaute) und eine GIBSON H‑4 Mandola! Die Mandola (eine Quinte tiefer gestimmt als die Mandoline) klingt wunderbar sonor und inspi­rier­te mich, die Cello­so­na­ten von JOHANN SEBASTIAN BACH zu spielen. Dadurch konnte ich auf der CD die Cello-Suite Nr. 1 (BWV 1007) in der Origi­nal­ton­art einspielen.
Ich habe versucht, aus jeder Epoche einen musika­li­schen Höhepunkt zu finden und so kam es dazu, dass ich dieses Solo-Programm für meine Solo-CD  gewählt habe. Die meisten Stücke auf der CD beginnen etwas getragen, aber die musika­li­schen Ideen entfalten sich, in manchen Werken über mehrere Sätze, in anderen innerhalb eines Satzes. Nur das Stück von Kuwahara ist direkt furios-virtuos und dies ist natürlich der Idee/Aussage des Werkes geschuldet.
Ein Kollege sagte zu meiner CD: „Du zeigst eine Seite von Dir, die ich nicht von Dir kannte.“
Nun, es ist eine Solo-CD… , — meine erste nach zwölf kammer­mu­si­ka­li­schen CDs.
Wenn man Kammer­mu­sik spielt, ist es anders: durch die Kommu­ni­ka­ti­on entsteht etwas Neues. Beim Solospiel muss ich alle Aspekte in einer Person verbinden, d.h. mehr polyphon, bzw. orches­tral denken, fühlen und ausführen.
Ich liebe Kammer­mu­sik, denn ich liebe die Kommu­ni­ka­ti­on und das musika­li­sche Gespräch, das Mitein­an­der. Auch das gemein­sa­me Reisen ist schöner, denn man teilt die Erlebnisse.
Wenn man solis­tisch unterwegs ist, dann ist man viel allein. Auch fehlen mir dann meine Kinder und mein Mann.
Dennoch ist es gut, manchmal auf sich selbst gestellt zu sein.
Und die Entste­hung der CD-Aufnahme war ein tolles Erlebnis. Die Produk­ti­on der CD ist Kommu­ni­ka­ti­on mit mir selbst. © Thilo Fitzner
CD
CATERINA LICHTENBERG „SOLO“
Adventure music 2020 Website von Caterina Lichten­berg Die CD ist erhält­lich bei der N‑A-G Solo CD — Caterina Lichten­berg bei Bandcamp © Thilo Fitzner Videos Mandolin Mondays Featuring Caterina Lichten­berg /// J.S. Bach Allemande, from Partita No.2 BVW 1004 Caterina Lichten­berg Vivaldi Concerto RV 93 in D maj. for Solo Mandolin

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