Zupfmusik in Finnland: Jouni Koskimäki

Zupfmu­si­ker aus aller Welt – Finnland Jouni Koskimäki, der Allround­mu­si­ker; aus dem Zupfer­ku­rier Nr. 3 / 2018

Jouni Koskimäki, der Allround­mu­si­ker J    = Jouni
ZK = Zupferkurier

ZK           Jouni, wie sind Sie zur Mandoline gekommen?
J              Vor 47 Jahren gab es ein riesiges Rockfes­ti­val in Finnland, Ruisrock in der Stadt Turku. Das habe ich im Radio im Sender YLE 1 mitbe­kom­men. Da hörte ich zum ersten Mal elektri­sche Mandoline. Diese Band, die englische Gruppe Fairport Conven­ti­on, war so großartig, sie inspi­rier­te mich ungeheuer. Daraufhin kaufte ich meine erste Mandoline und begann zu spielen. Ich lebe in Mittel­finn­land und in meiner Gegend beschäf­tigt sich kein Mensch mit Mandoline. Ich stand völlig alleine da. Nur Schall­plat­ten waren meine Begleiter. Aber ab diesem Zeitpunkt übte ich finni­schen Folkrock. Ich hatte zuvor einige Jahre Gitarre gespielt und übertrug die Technik auf die Mandoline im Eigen­stu­di­um. Dabei habe ich auch die Akkorde heraus­ge­fun­den.
Im Laufe der Jahre wuchs mein Enthu­si­as­mus für die Mandoline. So gründete ich vor 10 Jahren ein Mando­li­nen­or­ches­ter. Es gab zwar einige, die bestanden jedoch aus älteren Volks­mu­si­kern. An meiner Univer­si­tät in Jyväskylä (Haupt­stadt in Mittel-Finland), an der ich seit 1982 Kompo­si­ti­on und Arran­ge­ment unter­rich­te, viele Bands anleite – ich habe so viele verschie­de­ne Aufträge gehabt, dass es geradezu crazy ist.
Ja dort also gründete ich ein Mando­li­nen­or­ches­ter mit dem Namen Mandolin Mountain MaMo.

ZK           Ah, das ist das Bild auf Deinem T‑Shirt!

Jouni Koskimäki

Ehrlich gesagt, es ist das beste finnische Mando­li­nen­or­ches­ter. Wir haben auf dem Eurofes­ti­val vor vier Jahren gespielt. Wir kamen in einen gewal­ti­gen Flow, so dass das Publikum nach Zugabe schrie.

ZK           Das ist strikt verboten!
J              Ja es war auch verboten, aber die Leitung sagte: „Go and play!“ Es war unglaub­lich!
Ich zeige Dir ein Foto von meinem Mando­li­nen­or­ches­ter. Es ist sehr hübsch.

Mandolin Mountain 2

Die Mitglie­der sind zu über 60 Prozent junge Frauen zwischen 20–30 Jahren. Großar­ti­ge Spiele­rin­nen!
Wir haben in Spanien, Deutsch­land und Estland gespielt. Meine Musik­freun­de stelle immer dieselbe Frage: „Wie kann ich Mitglied werden in diesem Orchester?“

ZK           Und wie habt Ihr die Touren finan­ziert?
J              Zum Teil hat uns die Univer­si­tät hat uns gespons­ort, zum Teil eine Kultur Stiftung und zum Teil Eigen­fi­nan­zie­rung.
Vor zwei Wochen hatten wir ein großes Jubiläum und ich habe drei Stücke für einen wunder­ba­ren Chor geschrie­ben — für Chor und Mandolinenorchester.

ZK           Und wie sieht es mit der Mandoline in Finnland im Allge­mei­nen aus?
J              Die Mando­li­nen­sze­ne begann 1983 zu wachsen. Da wurde an der Sibelius-Akademie in Helsinki das Folk-Music Depart­ment instal­liert. Dort werden profes­sio­nel­le Folk-Music Spieler ausge­bil­det – die jedoch nicht nur Folk-Music spielen. Sie schaffen neue Musik.

ZK           Also unter dem Dach der Folk-Music kann auch Klassik gespielt werden?
J              Ja natürlich! Sie können dort alles spielen. Es ist das höchste Niveau, wie an Eurer Musik­hoch­schu­le. Das Studium der Mandoline geht über 6 Jahre. Es ist der einzige Platz, wo man Mandoline als Haupt­in­stru­ment studieren kann. Es gibt aller­dings nur etwa 10 Studenten.
ZK           Wie ich gerade von Marga Wilden-Hüsgen hörte, hat man an allen europäi­schen Ausbil­dungs­stät­ten zwischen 7 und 15 Studierende. 

Jouni Koskimäki

J              Eine Sache muss ich Dir noch über die Mando­li­nen­sze­ne erzählen, die sehr schön ist. Wir haben heraus­ra­gen­de Mando­li­nen­bau­er!
ZK           Bauen Sie Flach­bauch- oder Neapo­li­ta­ni­sche Mandolinen?

J              Haupt­säch­lich Flach­bauch­man­do­li­nen. Aber sie bauen ihren eigenen Stil – wie in Amerika zum Beispiel Monte­leo­ne. Ein guter Freund von mir ist der Leiter der Mando­li­nen­aus­bil­dung seit 1984. Er hat eine Methode entwi­ckelt, wie man sehr gute Mando­li­nen bauen kann: Mit dem so genannten Heating System. Dabei wird das Holz über sechs Stunden bei 300° C erhitzt.
Mit diesen sechs Stunden erreichst Du auf einmal 100 Jahre und der Ton des 100 jährigen Holzes erklingt perfekt! Man muss sehr sorgfäl­tig darauf achten, dass das Holz nicht anbrennt. 60 Prozent der Mitglie­der meines Orches­ters spielen auf solchen ausge­zeich­net handge­mach­ten Instrumenten.

ZK           Wie kamt Ihr auf den Namen Eures Orches­ters „Mandolin Mountain“?
J              (Lacht lange) Wenn Du davon eine Abkürzung machst, dann kommt MAMO heraus. Dies hat eine doppelte Bedeutung in Finnland. MAMO bedeutet ein höchst gehemmtes Kind, welches keine eigene Entschei­dung treffen kann. Es steht zu sehr unter dem Einfluss der Eltern. Es ist kein nettes Wort, wenn Du zu jemandem sagst: „Du bist mamo!“ – ein bisschen doof. 

Jouni Koskimäki

ZK           Kennst Du Calace?
J              Ja. Er ist für die Mandoline so wichtig wie für die Orgel Bach. Ich habe einige Blätter mit Calace-Noten. Aber keine Zeit, Calace zu spielen……….. (lacht).


© T.Fitzner
Außer Orchester 1–3  Jouni Koskimäki Jouni Koskimäki mit Marijke und Michiel Wiese­nek­ker (Eurofes­ti­val Zupfmusik) Mandolin Mountain 1 Mandolin Mountain 3 Alle Fotos in diesem Beitrag: Copyright Dr. Thilo Fitzner­Aus­ser Bilder von Mandolin Mountain 1 — 3

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