Alon Sariel

Interview mit Alon Sariel — Mando­li­nist – Dirigent – Lautenist — erschie­nen im Zupfer­ku­rier 2017/03

Zupfer­ku­rier   Alle spielen Gitarre. Kaum jemand spielt Mandoline. Es gibt eine riesige Industrie, welche versucht, die Gitarre nach vorne zu bringen, indem sie Endorser vorstellt, von denen man Fotos im Internet sieht und die Vorbilder oder „heroes“ für die jungen Leute sind. Diese möchten wie ihre Helden sein: ein Metal-Player oder ein Rock-Künstler. Aber für die Mandoline gibt es schlicht weg nichts Derar­ti­ges. Wir haben keine Wertschät­zung der Mandoline in der Öffent­lich­keit. Lass uns die Welt ändern!
Auch Du bist solch ein Heroe, solch ein Vorbild.

Ich beobachte in den letzten Jahren ein nachlas­sen­des Interesse an der Gitarre. Hingegen sehe ich eine wachsende Zuhörer­schaft bei der Mandoline. Als ich begann, war die Situation noch völlig anders als heute. Heroes vorzu­stel­len mag eine wichtige Angele­gen­heit sein. Aber dies gehört in den Bereich der Medien – und ich versuche, mich nicht allzu stark davon beein­flus­sen zu lassen. Ich komme von der Musik her, von der Kunst. Und für mich ist das Inter­es­san­te die Musik. 

Ich beobachte in den letzten Jahren ein nachlas­sen­des Interesse an der Gitarre und eine wachsende Zuhörer­schaft bei der Mandoline 

Die Mandoline ist ein großar­ti­ges Instru­ment und wenn Berlin Classics sich darum bemüht, solch eine CD (Teleman­do­lin) heraus­zu­ge­ben, dann ist das toll und dann wollen wir damit auch eine größere Zuhörer­schaft erfreuen. Dennoch ist das nicht das Wichtigs­te für mich. Ich stehe nicht jeden Morgen auf und denke: „Was kann ich für die Mandoline tun?“. Es bewegt sich dennoch etwas. Jedoch meine Motiva­ti­on kommt aus der Musik.

ZK Über die Musik kommt das Interesse der Öffent­lich­keit an der Mandoline?

Ich bin glücklich über jeden Schritt, den die Mandoline in die Öffent­lich­keit geht! Für mich steht dies jedoch nicht an erster Stelle. Mein Ziel ist es, Gefühl und Emotionen auszu­drü­cken und meine Zuhörer­schaft zu erreichen. Dafür ist die Mandoline ein Instru­ment. Dieses Instru­ment habe ich in meiner Hand. Aber es geht mir nicht um die Mandoline. Ich nenne es die Musik hinter den schwarzen Punkten auf dem weißen Papier. Es um geht das Dahin­ter­lie­gen­de – nicht um das, was wir sehen. Es geht mir mehr um das, was wir auf unserer Haut fühlen, wenn wir die Musik hören. 

Es geht mir mehr um das, was wir auf unserer Haut fühlen, wenn wir die Musik hören. 

Alon Sariel — Copyright Gregor Hohenberg 

ZK Bist Du eher Apollon, der Denker oder Dionysos, der Emotionale?

Ich glaube, man existiert nur mit beiden Lebens­wei­sen. Wenn Du Musik spielst, dann ist es stets eine Mischung aus beidem. Wenn Du nur mit den Emotionen kommst und in der Musik, die du spielen möchtest, nicht die Linien analy­sierst, dann wird das sehr intuitiv und einseitig. Auf der anderen Seite, wenn Du nur trocken heran­gehst und die Musik wie Mathe­ma­tik behan­delst, dann wird es ebenfalls sehr einseitig. Ich glaube an die Mischung aus beidem.

ZK Warum habe ich Dich nie gemeinsam mit Avi Avital auftreten gesehen?

Wir haben in der Vergan­gen­heit viel mitein­an­der gespielt. Wir haben einen Alters­un­ter­schied von zehn Jahren (Avi ist 10 Jahre älter als ich). Wir hatten zwar dieselben Wurzeln, was die Ausbil­dung betrifft, jedoch zu ganz unter­schied­li­chen Zeiten. Das erste Mal sind wir im Orchester zusam­men­ge­trof­fen, als ich ein kleines Kind mit acht Jahren und er bereits achtzehn war. Aber ich erinnere mich, wie wir das Bach Doppel­kon­zert gemeinsam mit der Israeli Sinfo­ni­et­ta gespielt haben. Wir hatten einige Begeg­nun­gen mit Vivaldi zusammen. Mehr in der Zeit, als wir in Israel lebten. Avi ging dann nach Italien und ich nach Belgien. Jeder ging seinen eigenen Weg.

ZK Wie gingen Deine Lehrer mit Dir um? Gaben Sie Dir vor, was Du lernen solltest oder hast Du selbst Deine Stücke ausge­wählt? Am Ende kamst Du zu dem Ergebnis, wo Du heute stehst.

Meinen Lehrern bin ich sehr dankbar für alles, was sie mir auf den Weg mitge­ge­ben haben. Im Konser­va­to­ri­um (Musik­schu­le) war alles sehr „begleitet“: „Jetzt spielst Du dieses, nun spielst Du jenes.“ Wenn ich etwas wirklich nicht mochte, dann sagte ich: „Dies ist nicht meine Tasse Tee, lasst uns etwas anderes suchen.“ Das passierte von Zeit zu Zeit, zum Beispiel mit Tschaikowski.

Du lerntest, wie Avi, bei Geigenlehrern?

Das ist wahr. – Und in der Akademie (Univer­si­täts­ni­veau) war es mehr ein Dialog. Du übst und bringst etwas in die Klasse mit. Dabei muss ich eine Lehrerin erwähnen, die alle von uns unter­rich­te­te, Dora Bartik. Sie gab uns wirklich die erste Liebe für das Instru­ment. Dies ist so wichtig, wenn du ein kleines Kind bist. Sogar wichtiger, als wenn du ein hervor­ra­gen­der Erzieher bist. Sie hat uns den Zugang zum Instru­ment bereitet, sodass wir es gerne mochten. Bei ihr spielten wir auch Folkmusik, israe­li­sche und jüdische Musik bis hin zu Mozart – einfach alles. 

…spielten wir auch Folkmusik, israe­li­sche und jüdische Musik bis hin zu Mozart – einfach alles. 

Als ich dreizehn war, kam ich von einem Jahr aus den USA zurück, wo mein Vater als Univer­si­täts­leh­rer ein Sabba­ti­cal verbracht hatte. Ich kam zurück mit vielen verschie­de­nen Ideen im Kopf. Als ich dort war, spielte ich Bluegrass. Ich hatte einen Lehrer, der Bluegrass Meister in Los Angeles war…

ZK War es Mike Marshall?

Nein keines­wegs. Er war in San Francisco zu dieser Zeit. – Also ich kam mit Bluegrass-Ideen nach Israel zurück und kaufte eine Bluegrass Mandoline, eine Breedlove mit Flatback. Von diesem Augen­blick an wurde alles viel ernst­haf­ter. Ich ging zu Arik Kerman, dem Mando­li­nen­bau­er.  D e m   Mando­li­nen­bau­er! Und wenn man zu ihm geht, das ist ein großes Abenteuer. In der Bibel steht, man solle dreimal pro Jahr zum Tempel hinauf­ge­hen. Es war ein bisschen so.  Das erste Mal als ich ihn traf war so, dass er zu mir kam, noch ehe ich zu ihm kommen konnte. Das war sehr lustig. Eigent­lich verlässt er nie sein Haus. Aber er kam nach Be’er Scheva, weil wir das 25. Jubiläum des Mando­li­nen­or­ches­ters feierten. Er wollte mich sehen. Die Organi­sa­to­ren sagten mir, sie würden mir zu einem bestimm­ten Moment währen des Konzerts einen Rosen­strauß überrei­chen und ich müsse ihn an Arik, der im Zuschau­er­raum saß, weiter­rei­chen. Ich kannte Arik jedoch nicht. „Du wirst ihn erkennen…“.  Und ich erinnere mich genau: Ich war sehr jung, aber er kam auf mich zu und so fanden wir uns. Er sagte: „Ich habe von Dir gehört.“ Und er überreich­te mir eine von ihm gemachte Mandoline als Leihgabe. Es ist gewis­ser­ma­ßen etwas Heiliges, wie man mit diesen Mando­li­nen in Be’er Scheva umgeht. Es sind wirklich großar­ti­ge Instru­men­te!  Und wenn du solch ein Instru­ment bekommst, dann trägst du eine große Verant­wor­tung! So kam mein Durchbruch. 

Alon Sariel — Copyright Gregor Hohenberg 

Und wenn du solch ein Instru­ment bekommst, dann trägst du eine große Verantwortung! 

Alles wurde ernst­haf­ter. Ich nahm an Wettbe­wer­ben teil, erhielt einige Stipen­di­en. Nebenher musste ich natürlich zur Schule gehen. Aber ich hatte das Glück, dass meine Schule direkt gegenüber von der Israel Sinfo­ni­et­ta lag. Justus Frantz, der deutsche Dirigent, ist jetzt der Chef. Also nach der Schule kletterte ich über den Zaun, um die Probe der Sinfo­ni­et­ta zu hören. Eines der ersten Stücke, das ich zu hören bekam, war „Peter und der Wolf“. Ich war regel­recht geschockt. Alle diese Farben und Klänge, die von diesem Sinfo­nie­or­ches­ter ausgingen! Ich war völlig fertig. Ich werde diesen Eindruck nie vergessen. Ein sehr inspi­rie­ren­der Moment. So ging ich immer wieder zu den Proben. Der Dirigent fragte mich: „Wer bist Du? Warum sitzt du so oft in den Proben?“ – „Ich bin Mando­li­nen­spie­ler und gehe hier zur Schule.“ Ich fand immer mehr Interesse an dem Orchester-Format, diesem „wilden Biest“, und wie ein Orchester funktio­niert und habe sehr viel daraus gelernt. In der Schule hatte ich daraufhin einige Probleme, aber das war es wert.

ZK Aber Du überleb­test die Schulzeit?

Ja, ich machte Abitur, studierte Physik und Musik parallel.
War Deine Familie musika­lisch?
Nicht im tradi­tio­nel­len Sinne. Mein Vater spielte ein wenig Block­flö­te nach Gehör. Auch die arabisch-tunesi­sche Flöte aus Bambus. Er impro­vi­sier­te darauf. Meine Eltern wollten uns einige schöne Aktivi­tä­ten nach der Schule bieten. Meine Schwester spielte Piano und meine Brüder Gitarre. Dann gab es ein Akkordeon zuhause und eine Flöte. Ich wollte immer etwas Spezi­el­les – und so kam ich zur Mandoline. Vielmehr kam die Mandoline zu mir.

ZK Ich frage gerne nach Deinen Lehrern, denn dies könnte eine Botschaft an unsere Lehrer ergeben. Was müssen Lehrer bringen, damit etwas wie Du dabei herauskommt?

In Be’er Scheva lernten wir haupt­säch­lich Technik, in Jerusalem alles andere.

ZK Die Technik war Violintechnik?

Dora Bartik war bereits eine autodi­dak­ti­sche Mando­li­nen­spie­le­rin. Und Lev Khaimo­vich brachte seinen Domra-Hinter­grund mit ein. In Jerusalem lehrte Moti Shmitt, welcher der Konzert­meis­ter des Radio­sin­fo­nie­or­ches­ters war, also ein Violinist. Er konnte uns also nicht viel über Technik und den Gebrauch des Plektrums erzählen. Ich erinnere mich an Stunden bei ihm, wo wir nicht einmal das Instru­ment auspack­ten. Moti war eher der philo­so­phi­sche Typ. Er war immer sehr inspi­rie­rend, denn er kannte persön­lich Chach­a­tur­jan, Prokofjew und Schost­a­ko­vitsch, da er ein Student von Oistrach war. So kannst du Dir vorstel­len, wie Oistrach von Touren kam, auf denen er das Chach­a­tur­jan Violin­kon­zert gespielt hatte; all seine Botschaf­ten verschmol­zen mit Moti und gingen auf mich über, als ich ebenfalls das Chatcha­tur­jan-Konzert in einem Wettbe­werb in Jerusalem auf der Mandoline spielte. Oder die Prokofjew Solo Sonate für Violine. Für mich klingt dies heute geradezu crazy. Ich denke, ich würde dieses Stück nicht auf der Bühne spielen. Aber es spielte eine große Rolle für mich, denn wir gingen keine Kompro­mis­se ein. So spielte ich in einem Examen den ersten Satz des Brahms Violin­kon­zerts! Es ist unglaub­lich, unmöglich! 

Wir gingen keine Kompro­mis­se ein. So spielte ich in einem Examen den ersten Satz des Brahms Violinkonzerts! 

Und wir machten das Unmög­li­che! Man erwartete von uns, mit der Mandoline so zu überzeu­gen, als wenn es ein Violin­kon­zert wäre. Es war ein Vorteil. Wenn Du also nach einem Rat für Eure Lehrer suchst, dann ist es diese kompro­miss­lo­se Haltung. Du wirst nie sagen: „Na ja, es ist eben eine Mandoline.“ Nein! Es ist das Instru­ment in deiner Hand und Du musst mit ihm gehen. Wenn du nicht mitkommst, dann kommst du nicht mit. Du kannst auch eine Ukulele spielen – am Ende ist es Musik, welche Du trans­por­tie­ren musst.

ZK Dies ist ein sehr inter­es­san­ter Satz. Denn ich höre laufend, wir sollen nicht diese grausigen Transkrip­tio­nen spielen, diese second-hand-music, dieses Stehlen der Musik, sondern ausschließ­lich Originalmusik.

Das ist deutsch. – Ich nahm ein Konzert von Fasch auf, welches für Laute geschrie­ben ist. Man hört oft, dass Fasch von Telemann gestohlen oder kopiert hat in abwer­ten­der Bedeutung. Das ist schlicht nicht wahr. Diese Leute haben sich gegen­sei­tig befruch­tet. Es ist eher so: Wenn Du jemanden hochschätzt, dann versuchst du ihn zu kopieren. Wie viel Musik hat Bach kopiert! Nur um den italie­ni­schen Stil zu lernen.

ZK Du hast auch die Erzlaute und Alte Musik studiert…

Ich hatte ein kleines Trio in Jerusalem. Wir bestanden aus Viola da Gamba, Block­flö­te und Mandoline. Wir spielten zum Beispiel Orgel­so­na­ten von Bach. Gelegent­lich begann ich auch Continuo auf der Mandoline zu spielen, was mit vollen Akkorden und Linien sehr ungewöhn­lich ist. Dann bekamen wir ein Stipen­di­um von Erasmus Mundus, um damit nach Brüssel zu gehen an das König­li­che Konser­va­to­ri­um. Es gab dort keinen einzigen Mando­li­nen­leh­rer. Aber ich hatte diesen Traum, Laute zu spielen. Mit vierzehn habe ich eine CD bekommen von Nigel North „Bach auf der Laute“. Diese CD würde ich auf eine einsame Insel mitnehmen, wenn ich nur eine CD mitnehmen dürfte. Sie ist so wunderbar! In Brüssel hatten sie eine große Lauten­klas­se von Philippe Malfeyt, ich gab meine Bewerbung ab mit der Anmerkung: „Lieber Herr Malfeyt, ich spiele keine Laute, ich habe das Instru­ment noch nie in der Hand gehabt, aber ich spiele die Mandoline….“.  Er war mutig genug, mich in seine Klasse aufzu­neh­men! Seither bin ich faszi­niert von diesem Instru­ment, und alle verwand­ten Instru­men­te, die ich auf dem Weg kennen gelernt habe, der Vihuela de mano, der Renais­sance Zither, der Barock Gitarre – es ist eine unend­li­che Welt. 

Alon Sariel — Copyright Marc Rodenberg 

„Bach auf der Laute“. Diese CD würde ich auf eine einsame Insel mitnehmen, 

ZK Führt Dich das nicht weg von der Mandoline und macht Dich konfus?

Es ist im Gegenteil eine Berei­che­rung. Wenn man die Laute spielt und kommt zurück zur Mandoline, spielt man die Mandoline ein bisschen anders. Die Person und der Horizont des Musikers werden dadurch erweitert, was wiederum seiner Inter­pre­ta­ti­on zu Gute kommt. Auch wenn ich dirigiere ist es nützlich, wenn ich mehrere Instru­men­te spielen kann.

ZK Dein israe­li­scher Weg des Lernens ist sehr spannend.

Ja, die Ghettoi­sie­rung der Mandoline – alle spielen dasselbe Repertoir und dieselben Instru­men­te ‑alles ist so ein bisschen in einer Hand bis hin zu den einschlä­gi­gen Versand­häu­sern. Das war bei uns nicht so.

ZK Hast Du, neben all der für uns ungewöhn­li­chen Literatur, auch Calace gespielt?

Calace war ein erstaun­li­cher Botschaf­ter für sein Instru­ment. Ich schrieb meine Abitur­ar­beit über Calace. Er war kein Teil der Be’er Scheva-Schule, und das reizte mich. Es gab eine Meister­klas­se mit Ugo Orlandi in Be’er Scheva, er hat das zweite Concerto in a‑Moll von Calace gespielt. 

Ich schrieb meine Abitur­ar­beit über Calace. 

Das hat mich neugierig gemacht und ich habe alle Preludien durch­ge­spielt. Für das heutige Publikum ist das ein bisschen anstren­gend. Als ich später bei Carlo Aonzo in Savona bei einer Meister­klas­se war, meinte er, das ständige Tremolo könne das Publikum nicht vertragen. Dies trüge noch weiter bei zu dem abwer­ten­den Bild von der Mandoline, der Pasta-und-Wein-Mandoline. Da bin ich nicht für die histo­ri­sche Auffüh­rungs­pra­xis. Das muss auch bühnen­taug­lich sein.

ZK Wo stehst Du? Wer bist Du?

Vor dieser Frage stehe ich täglich. Ich versuche, meine künst­le­ri­sche Identität zu finden und zu definie­ren. Ich habe mein Ensemble Concerto Foscari. Zu unseren verschie­de­nen Program­men gehören zum Beispiel eine Charpen­tier Messe oder Musik aus dem Genfer Psalter, angeregt durch eine Disser­ta­ti­on und ein histo­ri­sches Gespräch mit Gottfried Wilhelm Leibniz. Die Übertra­gung der Psalmen durch ‘Alī Ufuḳī auf Oud und Ney!
 (Judith I. Haug: Der Genfer Psalter in den Nieder­lan­den, Deutsch­land, England und dem Osmani­schen Reich (16.–18. Jahrhun­dert). Schneider, Tutzing 2010,  ISBN 978–3‑7952–1300‑8  (Zugl.: Tübingen, Univ., Diss., 2008)

ZK Ein inter­na­tio­na­les und inter­re­li­giö­ses Projekt!

Das andere ist die solis­ti­sche Mandoline. Und ich betätige mich gerne auch als freibe­ruf­li­cher Continuo-Spieler. Mitglied bin ich beim Quartett PRISMA, das überwie­gend Frühba­rock des 17. Jahrhun­derts spielt. Und ich pflege sehr gerne die Oud. Gerade auch vor dem politi­schen Hinter­grund in diesem Land finde ich es relevant, die Maqam in der orien­ta­li­schen Musik mit ihren Viertel­tö­nen kennen­zu­ler­nen. Seit über einem Jahr habe ich mit der histo­ri­schen Harfe angefan­gen…  Es ist sehr schwierig, auf diese Weise eine künst­le­ri­sche Identität zu definie­ren. Aber ich versuche es auch gar nicht. Denn ich möchte nicht auf eine Erfahrung verzich­ten, nur weil es zum Beispiel für meine Agentur besser wäre. Dazu diese Liebe zur Orchesterleitung.

ZK Deine CD über Paisiello kommt mir wie ein theore­ti­sches Konzept vor, während die Teleman­do­lin mir viel emotio­na­ler erscheint.

Die erste ist ein Projekt bezogen auf einen Künstler, während Teleman­do­lin eher reper­toire­be­zo­gen ist. Diese wird sicher noch mehr Freunde finden.

ZK Schöner kann man eine Platte äußerlich nicht machen!

Beide liegen mir in gleicher Weise am Herzen. Bei Paisiello die histo­ri­sche Mandoline, Mandolino Bresciano, zusammen mit dem histo­ri­schen Klavier. Diese Klang­far­ben haben etwas sehr Beson­de­res für mich. Die Paisiello CD besteht fast ausschließ­lich aus Origi­nal­re­per­toire. Während Teleman­do­lin dies gerade nicht ist.

ZK Was möchtest Du für die Jugend unternehmen?

Ich mache Kinder­kon­zer­te und habe eine Geschich­te geschrie­ben: Paul und die Mandoline (www.alon-sariel.com/new-cd/  unten auf der Inter­net­sei­te), welche von Charpen­tier und allen wichtigen Namen im barocken Frank­reich handelt. Sie hat auch autobio­gra­fi­sche Bezüge. Ich habe jetzt 11 Neffen und Nichten – und für diese habe ich diese Geschich­te geschrie­ben. Es ist ein Privileg, dass ich in der Welt der Musik leben darf. Und wenn ich dies weiter­schen­ken kann, dann freue ich mich. Einige haben die Geschich­te schon bekommen und erleben sie als Gutenacht­ge­schich­te – dabei erklingt Teleman­do­lin.
Ich liebe an der Mandoline ihre Direkt­heit. Da geht es nicht zu wie bei einem Klavier, wir berühren nicht eine Taste mit der du einen Hammer herun­ter­drückst, der letzt­end­lich eine Saite zum Klingen bringt. Und so ist auch ein wenig die Haltung der Person mit ihrem Instru­ment: Man muss nicht erst das Instru­ment irgendwo aufstel­len und einen Stuhl dazu. Ich kann mit meinem Instru­ment ganz leicht und direkt auf Kinder zugehen. 

…im Continuo, ein bisschen Diener sein darf und anderer­seits solo spielen… 

Ich möchte ich sein und vor allem die Musik nicht dabei stören. Eine Agentur hat mich einmal in einen engen Anzug geklemmt und wollte einen Star aus mir machen. Dies ist nicht meine Welt. Ich stehe im Vorder­grund, wenn es der Musik dient. Ich finde diese Balance mit meinem Instru­men­ta­ri­um: Dass man mit der Laute begleiten darf im Continuo, ein bisschen Diener sein darf, und anderer­seits solo spielen – das finde ich sehr ausba­lan­ciert und gesund.

ZK Vielen herzli­chen Dank für das inter­es­san­te Interview, lieber Alon! 

Das Interview erschien im Zupfer­ku­rier 2017/3

Alon Sariel — an “Iberian Fantasy” for mandolin & piano 

Dr. Thilo Fitzner Korrespondent

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