26. JUNI „SZENE“ MATINEE
26. JUNI „SZENE“ MATINEE Drei Zupforchester und, mit den Gitarrenfreunde Rastatt, ein Gitarrenchor eröffneten mit ihren Beiträgen diesen Konzertsonntag. Auch wenn in der Zupfmusik-Szene ein starker Fokus auf die Mandoline und das Zupforchester gerichtet ist, so gehört das Gitarrenensemble doch genauso selbstverständlich zu den Präsentationsformen gezupfter Instrumente. Das in sich geschlossene Klangbild eignet sich offenbar besonders für atmosphärisch-flächige Musik, wie sie von den Gitarrenfreunde Rastatt unter der Leitung von Pavel Khlopovskiy mit drei traditionellen schottischen Liedern („The Water is Wide“, „The Skye Boat Song“, „The Lass of Pattie’s Mill“) und dem nächtlich-melancholischen „Time Driver“ von Hans-Joachim Teschner vorgestellt wurde.
Der folkloristische beziehungsweise populäre Ansatz wurde dann auch von der Mandolinengesellschaft Weil am Rhein unter ihrem energetischen Dirigenten Santiago Perdomo überzeugend weiterverfolgt. Mit ihrem stark auf die Domra-Virtuosin Anna Kipnis abgestimmten Programm von „Lord of the Dance“ über „El Condor Pasa“ und „Granadina“ bis hin zu zwei Sätzen aus der „Suite Mexicana“ von Eduardo Angulo konnte sie das Publikum für sich gewinnen.
Immer wieder eine Freude ist es (und diese Aussage begreift sich völlig wertfrei gegenüber anderen Werken), Klassiker unseres Genres wie etwa die „Lautenschläger-Suite“ von Walter Kretschmar zu hören — zumal wenn sie so durchdacht interpretiert werden wie vom Württembergischen Zupforchester. Überdies machte das Ensemble, bei allem Kontrastreichtum des Programms — von Frescobaldis polyphoner „Canzona“ über die entzückende Träumerei „Après un rêve“ von Gabriel Fauré bis hin zu Olof Näslunds so vertracktem wie vitalem „Von fünf und drei bis vier“ einen sehr homogenen Eindruck, was sicherlich auch dem souveränen Dirigat von Frank Scheuerle zu danken ist.
Dass das Mandolinen- und Gitarrenorchester Ötigheim — in der Nachfolge Arnold Sesterheims erfolgreich von Dr. Alexander Becker weitergeführt — zu unseren leistungsfähigsten Vereinsorchestern gehört, dazu bedurfte es nicht erst einer Bestätigung durch den Gewinn des Deutschen Orchesterwettbewerbs 2021. Und mit dem 1. Satz aus dem „Klarinettenkonzert F‑Dur“ von Carl Stamitz präsentierte es sich, verstärkt durch zwei Querflöten, nun geradezu sinfonisch. Die Solopartie wurde von Bettina Beigelbeck sehr musikantisch dargeboten. Da scheint es doch verwunderlich, dass die Verbindung von Zupforchester und solistischem Blasinstrument (Klarinette, Flöte, Oboe etc.) nicht häufiger in die Programme kommt. Die Aufführung setzte jedenfalls einen eindrucksvollen Schlusspunkt unter das sehr abwechslungsreiche, von Wolfgang Deis charmant moderierte, Matinee-Konzert.
Christopher Grafschmidt