50 Jahre Badisches Zupfor­ches­ter (BZO)

Auf seiner musika­li­schen Reise durch die Zeit präsen­tier­te sich das BZO mit einem grandio­sen Jubiläumskonzert

50 Jahre Badisches Zupfor­ches­ter Die Olympi­schen Spiele 2020 fanden 2021 statt, die Fußball-EM ebenso, das Jubilä­ums­kon­zert des 1971 gegrün­de­ten Badischen Zupfor­ches­ters (BZO) am 26. Mai 2022 in der Buhlschen Mühle in Ettlingen, in einem schönen, nicht zu großen, voll besetzten und klanglich idealen Saal. Orchester und Publikum hatten diesen Tag herbei­ge­sehnt, denn es gab nicht nur das Jubiläum zu feiern, sondern überhaupt die Möglich­keit, nach einer Abfolge von „Lockdowns“ ohne Masken zu konzer­tie­ren, ohne „DreiGe­Plus“ und die Angst davor, dass das Konzert in letzter Minute doch noch abgesagt werden muss. Aus dem Orchester heraus betrach­tet, machte auch das Publikum den Eindruck, als hätte es seit dem ersten Lockdown fleißig gute Laune für diesen Anlass angespart. Alles deutete auf ein Konzert zum Genießen hin – sogar die General­pro­be geriet so grottig, als hätten die Spieler verse­hent­lich die falschen Stücke vorbereitet. 

Drei Werke auf dem Programm wiesen in die Vergan­gen­heit des Orches­ters zurück, das 1979 seine Schall­plat­ten­rei­he “Meister der Zupfmusik” mit einem Porträt des Kompo­nis­ten Kurt Schwaen begonnen hatte. In Ettlingen kam dessen „Abend­mu­sik“ zur Auffüh­rung. Die „Studie 76“ des langjäh­ri­gen künst­le­ri­schen Leiters Wolfgang Bast war in der ferneren Vergan­gen­heit Bestand­teil des Standard-Reper­toires gewesen, und ebenfalls schon öfters hatte das Orchester die „Orgia“ aufge­führt, einen virtuosen Satz aus Joaquín Turinas „Danzas fantá­sti­cas“.  Das sind Werke, die viele aus dem Publikum gekannt haben mögen, die aber schon deshalb frisch und unver­braucht klangen, weil der Dirigent, der Leiter des Stamitz-Orches­ters Mannheim Jan-Paul Reinke, sie nicht aus der Tradition der Zupfor­ches­ter-Auffüh­rungs­pra­xis heraus verstand, sondern statt­des­sen seinen eigenen Klang- und Tempo­vor­stel­lun­gen folgte. Reinke dirigiert das Orchester seit 2018; er hat in dieser Zeit wesent­li­che Impulse gegeben, hat vermeint­lich gut bekannte Werke in einem ganz neuen Licht erschei­nen lassen. 

Dazu traten Stücke, die das Orchester in den letzten Jahren und Monaten am meisten beschäf­tigt hatten: Die Strei­cher­sin­fo­nie Nr. 10 des jungen (sehr jungen!) Felix Mendels­sohn­Bar­thol­dy sowie Béla Bartóks „Rumäni­sche Volks­tän­ze“. Eigens für das Konzert wurde Konrad Wölkis „Concer­ti­no“ für Oboe und Zupfor­ches­ter vorbe­rei­tet – willkom­me­ner Anlass dafür, einmal wieder gemeinsam mit dem grandio­sen Oboisten Marcus Kappis aufzu­tre­ten und von ihm zu lernen. Dafür, dass man sich derzeit intensiv mit Hans Gáls Werken beschäf­tigt, stand die Auffüh­rung von dessen „Capriccio für Mando­li­nen­or­ches­ter“, ein Appetit­an­re­ger für die unmit­tel­bar bevor­ste­hen­de Auffüh­rung der „Sinfo­ni­et­ta in A‑Dur“ am 26. Juni beim Landes­mu­sik­fest in Mannheim. 

Der Höhepunkt des Programms war mit der Urauf­füh­rung von Chris­to­pher Grafschmidts „Schnip­sel­jagd“ gekommen, einer frechen Colla­gen­kom­po­si­ti­on, die sich aus dem Kanon der klassi­schen, der Rock- und der Unter­hal­tungs­mu­sik bedient: Ravel und Motörhead, Holst, Bach und Slayer, Sibelius und Ennio Morricone mit‑, in- und gegen­ein­an­der. Verdis „Traviata“ setzt zum Sprung an und landet in der Spencer Davis Group! Das Publikum, das damit gut unter­hal­ten, aber auch gefordert wurde („Verdammt, was ist das nochmal?“), war begeis­tert und feierte den Kompo­nis­ten lautstark. Der führte auch als Moderator durchs Programm. Das Orchester und der BDZ dankten es ihm mit einer Laudatio auf sein unermüd­li­ches Engage­ment. Ein nicht minder herzli­cher Dank galt mit Gerhard Wetzel dem Organi­sa­tor des Orches­ters, der in der Corona-Zeit dafür gesorgt hatte, dass die Arbeit weiter­ging und dass die begrenz­ten Möglich­kei­ten zum Live-Musizie­ren optimal ausge­schöpft wurden. 

Ein Fazit lässt sich an die Rede des stell­ver­tre­ten­den BDZ-LV Baden-Württem­berg-Vorsit­zen­den Dr. Alexander Becker anschlie­ßen, der im Rückblick auf die Vergan­gen­heit des BZO den Wagemut dieses Ensembles hervorhob, die Courage, sich schwie­rigs­tes Reper­toire vorzu­neh­men und sich in Projekt­pha­sen immer wieder an Neuem und unter wechseln­den Dirigen­ten zu erproben (eine Dirigen­tin wird sicher einmal hinzu­tre­ten). Jan-Paul Reinke hat sich hierbei als ein Orches­ter­lei­ter-Glücks­griff erwiesen, der stets freund­lich und bestimmt bleibt, dabei hochkom­pe­tent und neugierig auf das, was sich aus diesem für ihn ungewohn­ten Klang­kör­per namens „Zupfor­ches­ter“ machen lässt. Frank Rexroth Festschrift Link zur 

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