Das Sommer-Lehrgangs­in­ter­view

Das Sommer­lehr­gangs­in­ter­view

Birgit Wendel (B) spricht mit den Preis­trä­gern des Arnold Sester­heim Preises 2021 Carlotta Herzog © und Flavius Wagner (F)

B: Wir befinden uns gerade auf dem Sommer (Oster)lehrgang des BDZ BW in Weil der Stadt. Wie oft warst du denn schon auf unserer jährli­chen „Oster“woche, liebe Carlotta?

C: Das kann man kaum zählen, ca. 12 mal in Folge. Zunächst, weil mein Vater Andreas Schuma­cher als Dozent dabei war. Dieses Jahr habe ich sogar den Famili­en­ur­laub dafür geopfert.…

B: Wir finden das natürlich super, zumal du ja auch schon Aufgaben von deinem Vater übernom­men hast und zum 3. Mal den Salsa Workshop alleine gleitet hast! Da du Jungstu­den­tin an der MHS Freiburg bei Matthias Kläger bist, sehe ich dich für die Zukunft natürlich auch als Dozentin bei diesem tollen Format.

C: Aber gerne!

B: Und du, lieber Flavius, bist ja ganz spontan als Teilneh­mer dazuge­sto­ßen, was hat dich dazu bewogen?

F: Bei der Preis­über­ga­be in Rastatt, die Schläge von Carlotta auf meinen linken Arm und ihre Worte: Komm mit, komm mit!

C: (lacht) Gut zusammengefasst!

B: Ooo.k. Aber du hast sicher auch gewusst, dass bei uns profes­sio­nel­le Dozenten unter­rich­ten und jemanden im Auge gehabt, der dich (als Jungstu­dent der MHS Stuttgart bei Johannes Monno) noch weiter­brin­gen kann, oder?

F: Jonas Khalil natürlich!

B: Carlotta, du hast ja deinen Lehrer von der MHS Freiburg vor Ort, hast du auch bei ihm Unterricht?

C: Nein, ich habe auch Unter­richt bei Jonas Khalil, weil es immer gut ist, auch mal was anderes mitzunehmen.

B: Flavius, du warst ja bisher noch nie auf dem Oster­lehr­gang, aber spielst schon lange beim JZO BW mit, wie kam es dazu?

F: Damals (2015) hat Arnold Sesterheim ….

B: Oh, da haben wir ja schon eine schöne Verbin­dung zum Arnold Sester­heim Preis und genau das, was Arnold immer geschafft hat, Kinder und Jugend­li­che fürs Orches­ter­spiel zu begeis­tern und zu werben.…..

F:.…meinen Lehrer B.B.Bagger angerufen und gefragt, ob ich mit 11 Jahren (!) mitspie­len möchte. Nachdem Valerij Kisseljow 1 Jahr später das JZO BW übernom­men hat, habe ich dann auch gleich das Solo der Spani­schen Impres­sio­nen von S. Behrend mit dem Orchester gespielt.

B: Wie war denn euer Werdegang, wie seid ihr zur Gitarre gekommen?
C: ich bin zu meinem Vater gegangen und habe ihm gesagt, dass ich Gitarre spielen und bei ihm Unter­richt haben möchte. Wir verstehen uns mega gut und ich hätte keinen besseren Lehrer haben können!

B: So schön! Und du?

F: Ich hatte mit 3 Jahren meinen ersten Gitar­ren­un­ter­richt an der MS Baden-Baden, weil mich das Instru­ment schon immer faszi­niert hat. Irgend­wann kam ich dann zu B.B. Bagger, bei dem ich 10 Jahre Unter­richt hatte und 2019 an die MHS Stuutgart.

B: Wie kam es dazu?

F: Über die Jurybe­ra­tung der Wettbe­wer­be (Segovia Wettbe­werb, Jugend musiziert Bundes­wett­be­werb 2018) und väter­li­che Bezie­hun­gen an die Stutt­gar­ter MHS (damals auch noch über Jonas Khalil)

B: Und wie kamst du nach Freiburg, Carlotta?

C: Über meinen Vater, der mit Matthias Kläger an der MS Zürich arbeitet. Ich kannte Matthias aber auch schon lange! Bei der Jurybe­ra­tung (Jugend musiziert Bundes­wett­be­werb 2018) wurde das Thema auch angespro­chen und eine Freundin hat zeitgleich Aufnah­me­prü­fung für Violine gemacht und ‑wie ich- bestanden.

B: Habt ihr alle 3 Jahre mit Gitarre Solo bei den Jugend musiziert Wettbe­wer­ben teilge­nom­men?
Habt ihr auch mal mit Ensemble gespielt?

C und F: Ja, jedes Mal, auch Duo.

B: Flavius, auch mit einem anderen Instrument?

F: Trompete

B: Genau so erfolgreich?

F: Von den Preisen her war ich mit der Gitarre doch besser.….

B: Super, das ist doch alles wunderbar!
B: Welche Musik­rich­tung mögt ihr am liebsten?

F: durchaus die großen klassi­schen „Wäscher“, wie Giuliani, Aguado, Sor…

B: (lacht) war mir fast klar.….

C: bei mir ist es genau anders herum, Klassik mag ich nicht so, ich liebe die Romantik und auch Flamenco finde ich mega inter­es­sant, das will ich auch unbedingt noch vertiefen, nehme bald Flamenco Unter­richt an der MHS Freiburg und möchte ‑wenn ich studiere- ein Auslands­se­mes­ter in Spanien machen.

B: Sehr schöne Pläne!

B: Wie viel übt ihr am Tag?

C: Ich habe mir das Ziel gesetzt, 3h am Tag zu üben, bekomme es auch öfter hin, aber momentan in Richtung Abitur ist es schwierig. In Klausur­pha­sen komme ich manchmal auch gar nicht dazu.

F: Bei mir ist es ähnlich, ich versuche täglich 2–3 Stunden zu üben, wenn mal ein Wochen­en­de frei ist, übe ich auch mal durch, aber manchmal halt auch gar nicht.…

B: Aber das ist doch das normale Leben, ihr seid ja nicht auf einem Musik­in­ter­nat, wo die tägliche Übezeit im Stunden­plan integriert ist, oder?

C: Das kann man wirklich nicht vergleichen.…

B: Dafür sind eure bishe­ri­gen Erfolge noch höher einzu­stu­fen, finde ich!

B: Wie habt ihr denn den Online Wettbe­werb in der Corona Zeit wahrge­nom­men?
C und F: Schwierig!

F: Es ist ja so: norma­ler­wei­se gehst du auf die Bühne, lieferst deine Perfor­mance ab oder nicht, es gibt nur ja oder nein. Beim Video­wett­be­werb, hat man aber so viele Chancen, es besser zu machen, dass ich manchmal stunden­lang aufge­nom­men habe und versucht habe es doch nochmal perfekter einzu­spie­len. Irgend­wann wurde dann die Zeit (1 Woche geplant für 3 Stücke) immer knapper, Richtung Abgabe­ter­min und man hat versucht, die einzelnen Sätze z.B. wegen kleiner Klirrer immer wieder neu einzu­spie­len. Sehr ermüdend und stressig!

C: Ich fand auch, dass man je öfter man aufge­nom­men hat, desto mehr auf Details geachtet hat, die die Ergeb­nis­se dann so unmusi­ka­lisch haben werden lassen. Man dachte, jetzt war es technisch gut, hat es sich dann angehört und gemerkt, dass Phrasen, Dynamik, einfach die Seele fehlte.
Ich finde es generell schwierig, über eine Aufnahme eine bestimmte Atmosphä­re zu schaffen, mir ist es wichtig, das Publikum zu berühren und das über ein Video rüber zu bringen?? Mir ist Bühnen­prä­senz einfach so wichtig!

B: Habt ihr dann ein Ergebnis einge­schickt, mit dem ihr 100prozentig zufrieden wart?

C und F: (schütteln den Kopf)

B: Habt ihr für den Bundes­wett­be­werb nochmal neu aufgenommen?

C: Ich habe die Aufnahme für den Landes­wett­be­werb nochmal einge­schickt, weil ich in der Klausu­ren­pha­se war.

F: Klausu­ren­pha­se hatte ich auch, aber ich war ein paar Tage nicht in der Schule und habe nochmal neu aufge­nom­men. Ich konnte so das Ergebnis nochmal steigern.

B: Ihr seid ja beide 1. Bundes­preis­trä­ger beim Online Wettbe­werb Jugend musiziert geworden, insofern hat doch alles sehr gut geklappt! Herzli­chen Glück­wunsch nochmal!

B: Was ist euer Lieblingsstück?

C: La Catedral von Augustin Barrios Mangore, besonders den 1. Satz (Preludio) finde ich wunder­schön!
Und die Chaconne von J.S.Bach.…

F: es gibt sehr viele, Un sueno en la floresta von Augustin Barrios Mangore ist einfach toll!

B: Wie stellt ihr euch eure Zukunft vor? Ihr macht jetzt Abitur, studiert an der MHS Gitarre und dann?aC: Ich mache auf jeden Fall direkt Aufnah­me­prü­fung.
B: Ohne 1 Jahr Urlaub auf den Malediven — ohne Gitarre?

C: Die Gitarre kommt sowieso immer mit.… Also kann ich auch gleich anfangen zu studieren, ich möchte meinen Schwer­punkt auf Pädagogik legen, weil mir das Unter­rich­ten ‑glaube ich- viel Spaß macht! Nebenher Konzerte spielen wäre schön!

F: Ums Unter­rich­ten wird man als Gitarrist wohl sowieso nicht herum­kom­men. Ich möchte auch direkt anfangen zu studieren mit Bachelor, Master, Konzert­ex­amen, also alles mitnehmen und dann in Richtung Pädagogik (vielleicht irgend­wann mal an einer MHS), auch in die Zupfmu­sik­sze­ne gehen und sich etwas aufbauen.

B: Das sind doch schon mal schöne Ziele, auch dich sehe ich sicher mal als Dozent auf dem Oster­lehr­gang!
Wahrschein­lich studieren aber die meisten, um konzer­tant tätig sein zu wollen.….

C: Das sehe ich z.B. gar nicht so, ich finde, dass man gerade kleine Schüler auf ihrem Weg begleitet, ihnen etwas mitgibt, dass man als Lehrer etwas bewirken kann. Das höre ich auch immer von meinem Papa, der auch schon immer gerne unter­rich­tet. Außerdem muss man wahrschein­lich auch ein bisschen thera­peu­tisch unterwegs sein.

B: Die Tatsache, dass es fast nur noch Honorar­ver­trä­ge an den Musik­schu­len gibt schreckt euch also auch nicht?

C: Mein Ziel ist es, auf jeden Fall in die Schweiz zu gehen

B: (lacht), ganz der Papa und realis­ti­sche Gehälter.…

C: genau, ich könnte sicher auch was anderes studieren, aber mir ist wichtig, dass ich meinen Beruf, den ich das ganze Leben mache, liebe. Dann habe ich lieber Spaß und ein bisschen weniger Geld.….

F: (nickt zustimmend)

B: Eine sehr gute Einstel­lung! Idealis­mus gehört ein Stück weit dazu!

B: Seid ihr nervös bei euren Auftritten?

C: Immer!

F: Was heißt nervös? Ein bestimmte Konzert­si­tua­ti­on ist da, aber ich stehe nicht zitternd hinter der Bühne.

B: Beflügelt euch die Nervo­si­tät vielleicht sogar, oder lähmt sie?

C: Bei mir kommt es auf die Atmosphä­re an, wenn man das Gefühl hat, dass das Publikum dabei ist, bin ich anfangs nervös und dann habe ich Spaß (beim Duo Spielen fällt es mir immer leichter), aber bei schlech­ter Akustik, oder Prüfungs­vor­spie­len, kann es schon sein, dass ich die ganze Zeit nervös bin. Dann klappt´s, oder halt mal auch nicht.

F: Man merkt das in den ersten 3 Takten vom Stück! Wenn die klappen wird man freier und probiert auch was auf der Bühne aus, was ich total cool finde. Man ist in seinem Ding und erfindet neue Möglich­kei­ten für sich.

B: Was verbindet ihr mit dem Arnold Sester­heim Preis des BDZ BW?

F: Arnold war wirklich ein Berg in der Zupfmu­sik­sze­ne in Baden Württem­berg. Was er alles auf die Beine gestellt hat ist unfassbar! Er war ein toller Mensch, immer nett, freund­lich, aufge­schlos­sen.…
Ich kannte ihn ja auch noch persön­lich, er war einfach ein lieber Mensch!

C: Ich hatte leider nicht viele Berüh­rungs­punk­te, aber er saß einmal in der Landes­ju­ry BW von Jugend musiziert. Alles, was ich über ihn gehört habe, war einfach nur bewundernswert!

B: Arnold hat sich v.a. immer für die Jugend einge­setzt, er wollte immer fördern, unter­stüt­zen, etwas erreichen, etwas bewegen! Außerdem war er der beste Vermitt­ler von (manchmal trockenen) musika­li­schen und theore­ti­schen Inhalten, dem ich jemals begegnet bin!
Genau das versuche ich beim Unter­rich­ten auch: Inhalte lebendig zu vermitteln!

B: Was bedeutet euch dieser Preis?

C: Er ist eine Anerken­nung! Es ist gut, was du machst.…..

F: Er ist eine schöne Anerken­nung, weil gut ist der Landes­wett­be­werb, aber sehr gut der Arnold Sester­heim Preis!

B: Arnold hätte sich sehr gefreut, dass genau ihr diesen Preis erhalten habt!
B: Habt ihr denn noch andere Hobbys, außer der Gitarre?

C. Ich tanze viel, (Ballett seit ich 3 J. alt bin), Salsa, weil meine Eltern lange diesen Tanzstil unter­rich­tet haben, Sport, Fahrradfahren.…..

F: Trompete und immer wieder joggen gehen, ich wohne direkt am Wald.

B: Wie habt ihr die Corona­zeit bis hierher überstanden?

C: Ich hatte so viele Projekte, die alle abgesagt wurden. Anfangs war ich depri­miert, aber dann bin ich viel rausge­gan­gen und habe andere Dinge gefunden, z. B: mehr Technik, Impro­vi­sa­ti­on, etc. und ich habe für mich den Ausgleich zwischen Sport und Gitarre gefunden. Ich bin auch spontaner geworden von der extremen Durch­pla­nung kommend.

F: Ich habe extrem viel geübt in dieser Zeit, z.B. während des katastro­pha­len Online Schul­un­ter­richts.….. Da passierte ja eigent­lich eh nichts und man konnte die Zeit nutzen (grinst). Da hätte man es in der Schule gleich richtig machen müssen, so wie an der MHS Stuttgart, wo der Online Unter­richt sofort perfekt funktio­niert hat und das Equipment gleich da war! Und viel schlafen und rausgehen.….

B: Andreas Mangold, selbst Gitarrist und langer Wegge­fähr­te von Arnold Sester­heim ist der Stifter des mit 1000 Euro dotierten Arnold Sester­heim Preises. Seine Firma HMS Analy­ti­cal Software finan­ziert die HuManS- Stiftung im Wesent­li­chen.
Vielen Dank nochmal von Seiten des BDZ BW und der beiden Preis­trä­ger, dass er ganz im Sinne von Arnold die begabte Jugend in Baden Württem­berg fördert!

B: Wie gefällt´s euch dieses Jahr auf dem „Sommer“lehrgang?

C: oooh, mega! Ich muss einfach sagen, Oster­lehr­gang ist für mich jedes Jahr etwas ganz Besonderes!Es hat so eine ganz spezielle Atmosphä­re, auch weil ich die Leute alle sol lange kenneund so viele Erinne­run­gen aus jedem Jahr habe. Oster­lehr­gang ist etwas Beson­de­res, man kann es für Außen­ste­hen­de schwer beschreiben.

F: Ich bin das erste Mal dabei, kenne aber ja viele Leute durch das JZO BW und es macht einfach Spaß!

B: Sehr schön!
Vielen Dank für dieses wunder­ba­re Sommer­lehr­gangs­in­ter­view und weiter viel Erfolg euch beiden für all eure Pläne! 

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